Die Geschichte der Weltausstellungen
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Copyright: Solá-Morales 1993, S. 25

An hervorgehobener Stelle in der mittleren Zone des Geländes, doch abseits der großen Verkehrsadern, befand sich der Beitrag der Weimarer Republik mit einem von Ludwig Mies van der Rohe entworfenen Pavillon. Anders als bei den übrigen traditionell ausgerichteten Ausstellungsbauten lag hier ein neuartiges Raumkonzept vor, das in Struktur und Ausstattung Vorbildfunktion für die moderne Architektur erlangte und in der zeitgenössischen Kritik zum gefeierten Höhepunkt der Ausstellung avancierte. 1979 wurde der Pavillon, der nach Beendigung der Ausstellung abgerissen worden war, wieder nach den alten Plänen rekonstruiert.

Das eingeschossige Gebäude mit einer Raumhöhe von 3,10 m erhob sich auf einem mit Travertinplatten verkleideten Sockel. Nur an den Schmalseiten des annähernd rechteckigen Grundrisses ragten Wände bis zum natürlichen Boden. Die Dachplatte ruhte auf acht kreuzförmigen Stahlstützen, sodass die Wände von ihrer tragenden Funktion befreit waren und innerhalb des Grundrisses als Raumteiler frei angeordnet werden können. Damit war das Prinzip einer damals neuartigen Raumgliederung gefunden, die ein Ineinanderfließen von Innen- und Außenraum begünstigte. Je nach Kombination erhielten die architektonischen Elemente mehrfache Funktion. Die einheitliche Bodenplatte sorgte für die übergangslose Durchdringung der Zonen, die als Terrasse oder Innenhof mit Wasserbecken gedacht waren, mit den Bereichen, die mit Möbeln und Teppichen ausgestattet als Wohnraum fungierten.

An den Schmalseiten im Norden und Süden befanden sich U-förmige Wände, die jeweils von außen die Wasserbecken unfangend die Schmalseiten des Grundrisses festlegen. Alle anderen Wände aus edelsten Materialien wie goldgelbem Onyx, antikgrünem Tinosmarmor oder getöntem Mattglas waren eingestellt, ohne raumbegrenzend zu wirken. Die einzige verbindende Querwand aus Mattglas enthielt Beleuchtungskörper und dient dem Pavillon somit als künstliche Lichtquelle nach außen und nach innen.

Das raumdynamisierende Prinzip, dessen "fließender Grundriss" in die Architekturgeschichte einging, beruhte auf streng geometrischer, wenn auch asymmetrischer Anordnung. Alle Linien standen entweder parallel oder senkrecht zueinander. Selbst Form und Aufstellung der Möbel, die Mies van der Rohe selbst entworfen hatte, waren dem architektonischen Konzept unterworfen. Besonders berühmt wurden die Sitzmöbel aus verchromtem Flachstahl und weißen Lederpolstern, die als Barcelona-Sessel noch heute gefertigt werden. In farblichem Kontrast zu den hellen Polstern standen die Tische mit ihren rechteckigen Platten aus schwarzem Opalglas. Die exakt kalkulierte Anordnung der Elemente in rechtem Winkel wiederholte sich selbst in den quadratischen Bodenplatten und in der Kreuzform der Stützpfeiler, die aus vier gleichschenkligen Winkeleisen zusammengesetzt und mit verchromten Winkelblechen verkleidet waren. Die einzige von diesem Ordnungsprinzip abweichende Ausnahme war eine Skulptur von Georg Kolbe - ein weiblicher Akt, betitelt mit "Der Morgen" oder "Die Tänzerin" -, die am Rand des kleinen Wasserbeckens aufgestellt wurde.


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Die Weltausstellung 1929-1930 in Barcelona
Ein Denkmal moderner Baukunst: Der Pavillon von Mies van der Rohe
Jahr: 1929Stadt: BarcelonaLand: Spanien
Dauer: 20. Mai 1929 - 15. Januar 1930

 

 

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