Die Geschichte der Weltausstellungen
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Copyright: McCabe 1876, S. 590

Unter dem großen Dach des Hauptgebäudes waren zahlreiche Erfindungen zu entdecken. Die 30.800 Aussteller zeigten etwa die ersten Nähmaschinen, die erste praktikable Schreibmaschine und Alexander Graham Bells Telephon. Die Industriemacht USA sollte sich vor dem internationalen Forum der Weltausstellung eindrucksvoll unter den führenden Nationen platzieren. Mehr als ein Drittel des Hauptgebäudes und über 80 Prozent der Maschinenhalle belegten die Gastgeber mit ihren Exponaten. Auch bei den Maschinen für die Landwirtschaft und den Landbauprodukten zeigten die USA bedeutende Entwicklungen. Die Reporter aus den anderen Nationen zeigten sich in ihren Berichten aus Philadelphia beeindruckt. Da die wenigsten Länder ihre Ausstellungshöfe mit herausragenden Objekten bestückt hatten, fiel der Triumph des Gastgebers um so eindeutiger aus.

In Deutschland kam es zu einer heftigen Kontroverse über die Qualität des einheimischen Ausstellungsbeitrags. Die Briefe von Franz Reuleaux, der als Direktor des Berliner Gewerbeinstituts Mitglied der Jury in Philadelphia war, enthielten ein vernichtendes Urteil über die deutschen Industrieprodukte, die er als "billig und schlecht" bezeichnete. Damit löste er auch Angriffe gegen seine Person aus. Sein französisch klingender Name animierte die Gegner zu dem Vorwurf, er habe als Verräter Deutschland Schaden zufügen wollen. Seine Argumentation war wohl tatsächlich nicht immer fehlerfrei (in der Wirtschaftsstatistik konnten ihm Fehler nachgewiesen werden), und nicht alle Industriezweige hatten sich so schlecht dargestellt, wie Reuleaux es behauptet hatte. Doch trugen seine Worte dazu bei, die deutsche Industrie aufzurütteln und an der Verbesserung der Qualität der Produkte zu arbeiten. Reuleaux Äußerungen und seine anschließenden Aktivitäten zur Sicherung der deutschen Industriestandards trugen zur Erneuerung der Wirtschaftsgesetze bei und führten schließlich zur ersehnten Qualitätssteigerung in den 1880er und 1890er Jahren. Erst seit jenen Jahren wurde der zuvor als Warnung angebrachte Hinweis ”Made in Germany” als Ausweis für hochwertige Waren verstanden.

Alle Exponate der Weltausstellung waren nach einem komplexen Schema klassifiziert worden. Sieben Hauptgruppen (Bergbau und Metallurgie, Handwerk und Gewerbe, Erziehung und Wissenschaften, Kunst, Maschinen, Landwirtschaft sowie Gartenbau) wurden jeweils zweimal untergliedert. Dieses System wurde später im Dewey'schen Dezimalsystem auf alle menschlichen Tätigkeiten ausgeweitet und dient mittlerweile den meisten amerikanischen Bibliotheken als Katalogisierungsgrundlage.

Besonders beliebt war neben dem Ballett der Dampfmaschinen vor allem die Kunstausstellung in der Memorial Hall - die erste vollwertige internationale Kunstpräsentation der USA -, in der nicht nur Gemälde und Skulpturen sondern gleichberechtigt Fotografien gezeigt wurden. Von besonderem Interesse war schließlich der Pavillon der Frauen, der von einem eigenen Women's Centennial Executive Committee unter ausschließlicher Mitarbeit von Frauen finanziert, eingerichtet und betrieben wurde. Eine von Emma Allison entwickelte Dampfmaschine mit sechs PS betrieb im Pavillon die Webstühle und Spinnmaschinen. Zeitgenössische Kommentatoren hoben bewundernd die Eleganz und Präzision der ausgestellten Stick- und Webarbeiten hervor.

Trotz der 9 Millionen Besucher, die bis zum 10. November die Centennial Exhibition besuchen sollten, war sie doch ein finanzieller Misserfolg. Das Defizit betrug 1,9 Millionen Dollar, und da die US-Regierung ihre Anleihe von 1,5 Millionen Dollar zurückverlangte, mussten die Aktieninhaber den gesamten Verlust tragen. Der Imagegewinn für die USA hingegen war beträchtlich, und da auch einige bedeutende Geschäftsabschlüsse in Philadelphia getätigt worden waren, zogen die meisten Amerikaner ein positives Resümee für ihre erste große Weltausstellung.


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Die Weltausstellung 1876 in Philadelphia
Bedeutende Erfindungen
Jahr: 1876Stadt: PhiladelphiaLand: USA
Dauer: 10. Mai - 10. November 1876

 

 

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